Newsletter – Februar 2024
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22. April 2024Newsletter - März 2024
Wie nützlich sind Nachrichten am Abend?
Liebe Leserin, lieber Leser,
in unseren beiden letzten Newslettern hatten wir geklärt, welche Rolle Sonnenlicht bei unserem Schlaf spielt, warum unsere Gehirne nachts Adenosin und nicht Koffein brauchen und warum uns eine Pizza zum Frühstück nicht nur besser bekommt als am Abend, sondern uns sogar besser schlafen lässt.
Wir hatten gesehen, wie wir unsere Schlafthermostate besser einstellen können und vieles mehr. Wenn Sie diese Informationen nochmals nachlesen möchten: Hier geht’s zum Teil I unseres Schlafspecials und hier geht’s zum Teil II. Es bleibt aber noch vieles, das wir tun können, um unserem Schlaf auf die Sprünge zu helfen. Schlafprobleme sind nur in den seltensten Fällen lebenslängliche Urteile. Meist sind es eher unsere Gewohnheiten, mit denen wir uns unsere Probleme selbst einbrocken. Dass wir heute alles rund um die Uhr tun können, heißt nicht, dass wir das auch rund um die Uhr tun sollten. Lassen Sie uns also unsere Reise ins Herz des guten Schlafes fortsetzen.
Unserer Philosophie entsprechend werden wir uns auch heute mit Ihnen zusammen wissenschaftliche Studien rund um das Thema „gutes Schlafen“ ansehen. Und dabei natürlich weiter danach fragen, was wir aus den Studien lernen können, um besser zu schlafen.
In dieser Ausgabe wollen wir uns ansehen, warum ein morgendlicher Netflix-Marathon völlig ok ist, ein abendlicher leider nicht. Wir werden uns ansehen, wieso Meditation und progressive Muskelentspannung abends besser sind als Nachrichten über abgestürzte Flugzeuge.
Wir sehen uns an, warum Sie sich nicht im Schlafzimmer mit Ihrem Lebenspartner streiten sollten, sondern dafür besser in den Stadtpark gehen sollten. Und auch das am besten morgens. Lesen Sie unseren Selbstmanagement Leitartikel „Neandertaler in der Neuzeit!“, dann wissen Sie, warum wir uns an unseren Vorfahren orientieren sollten, wenn wir gut schlafen wollen.
Nun denn, lassen Sie uns also gemeinsam auf unsere dritte und vorerst letzte Jagd nach dem guten Schlaf gehen. Für die ganz Eiligen unter Ihnen beginnen wir wieder mit den Schlaftipps dieser Ausgabe.
Hier geht’s direkt zu den Schlaftipps!
Und nun viel Freude und Erfolg
Ihr Prof. Dr. Stefan Winter
Ihr Dr. Robin Stetzka
Der Schlafcheck – Die Schlaftipps dieser Newsletterausgabe
Lassen Sie psychische und physische Gründe für Schlaflosigkeit von einem Arzt prüfen! Bei den physischen Gründen steht die Schlafapnoe ganz weit oben auf der Liste und ist meist undiagnostiziert. In der Gesamtbevölkerung sind bis zu 40% der Erwachsenen betroffen, in älteren Bevölkerungsgruppen bis zu 80% und mehr.
Entwickeln Sie Abendroutinen, gehen Sie zu regelmäßigen Zeiten ins Bett und stehen Sie zu regelmäßigen Zeiten auf.
Meiden Sie abends Bildschirme, Streit und alles, was das Hirn aktivieren könnte! Sich vor Bildschirmen mit schockierenden Nachrichtenbildern dann auch noch zu streiten, ist der Super-GAU für das müde Gehirn.
Halten Sie ihr Schlafzimmer frei von allem anderen, was vom Schlafen ablenken könnte! Bett und Arbeitszimmer vertragen sich z.B. überhaupt nicht. Zur Not eine optische Trennwand aufstellen.
Setzen Sie sich selbst nicht unter Druck. Wälzen Sie nachts keine Probleme, schauen Sie nicht auf die Uhr und stehen Sie wieder auf, sollte es mit dem Schlafen gar nicht klappen.
Netflix, Computerspiele und Chats…
Netflix, Computerspiele und Chats haben eine große Gemeinsamkeit: Bildschirme! Die Bildschirme wiederum, also die von unseren Handys, Laptops, Fernsehgeräten haben ebenfalls alle eine große Gemeinsamkeit: Sie leuchten! Bildschirme mögen technisch sein, was sie wollen, immer aber sind sie auch Lampen, immer sind sie Lichtquellen.
In der Januarausgabe hatten wir bereits über die Wichtigkeit von Licht für die Schlafsteuerung gesprochen. Dort hatten wir vor allem darüber gesprochen, wie wichtig helles Tageslicht ist, um unseren Wach-Schlafzyklus anzustoßen. Tagsüber ist helles Licht wichtig. Abends und nachts ist allerdings Dunkelheit genauso wichtig! Nachts macht Licht unseren Schlafzyklus kaputt. Daher machen uns unsere Bildschirme am Abend und in der Nacht das Leben schwer, oder, besser gesagt: Den Schlaf schlecht. Satchin Panda, einer der bedeutendsten Erforscher unserer inneren Uhren, sagt zu unserem modernen Lebensstil, dass die 24/7-Welt der Nachrichten und der Unterhaltung in vielen von uns einen ständigen digitalen Jetlag versursacht.
Körper und Hirn leben dabei in unterschiedlichen Zeitzonen. Panda zitiert eine Studie von Charles Czeisler aus den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts. In der Studie wurden völlig gesunde Probanden zwischen Mitternacht und 2 Uhr morgens hellem Licht ausgesetzt. Am Folgetag ist daraufhin der Zyklus der Körpertemperatur der Versuchsteilnehmer komplett zusammengebrochen. Die Körper haben durch nur eine einzige nächtliche Lichtdröhnung unmittelbar ihr „Zeitgefühl“ verloren. Unsere Gehirne mögen es überhaupt nicht, nachts ins grelle Scheinwerferlicht gestellt zu werden.
Aurore Perrault und Kollegen stellen in ihrer Studie fest, dass die Reduktion der Zeit vor Bildschirmen am Abend den Schlaf verbessert und die Probanden am Folgetag Tag munterer macht. Michal Smotek und Kollegen unterstützen diesen Befund. In ihrer Studie zeigte sich, dass diejenigen, die mehr Zeit vor Bildschirmen verbringen oder diese gar bei nächtlichem Aufwachen benutzen, schlechter schlafen, früher aufwachen, tagsüber größere Ausfallerscheinungen zeigen und sich erschöpfter fühlen.
Bei diesen Studien ist allerdings zu berücksichtigen, dass hierbei nicht nur der Effekt von abendlichem Bildschirmlicht eine Rolle spielt. In einer Studie mit jungen Leuten fanden Gema Mesquita und Rubens Reimao heraus, dass das Surfen im Internet am Abend problematischer ist, als sich nur passiv Filme anzusehen. Dies liegt daran, dass die Internetnutzung mehr Aktivitäten verlangt, das Gehirn also hochgeputscht wird, obwohl es um diese Zeit heruntergefahren werden sollte.
Die negativen Effekte des Bildschirmlichts können gemildert werden, indem die entsprechenden Nachteinstellungen gewählt werden, die alle modernen Bildschirme haben. Hierbei wird der Anteil des blauen, besonders aktivierenden Lichts, reduziert. Alternativ oder auch zusätzlich kann man Brillen mit Blaulichtfiltern tragen. Das alles ändert aber nichts daran, dass man das Hirn abends herunterfahren sollte, statt es mit Informationen zu füttern und Entscheidungen von ihm zu verlangen. Vom Computerspiel, über das Surfen bis zum Netflixmarathon: Das sind Aktivitäten, die unsere Hirne nur tagsüber gut verkraften. Selbst der vermeintlich harmlose Chat mit Freunden hat seine Tücken, da man nie weiß, was einem da alles erzählt wird und wie sehr das das Hirn wieder aufweckt.
Ihr Hirn und Ihr Schlaf danken es Ihnen, wenn Sie diese Dinge auf den Tag, oder zumindest auf den sehr frühen Abend beschränken.
Quellen:
Panda, S. (2018). The Circadian Code. Rodale.
Perrault, A. A., Bayer, L., Peuvrier, M., Afyouni, A., Ghisletta, P., Brockmann, C., … & Sterpenich, V. (2019). Reducing the use of screen electronic devices in the evening is associated with improved sleep and daytime vigilance in adolescents. Sleep, 42(9), zsz125.
Šmotek, M., Fárková, E., Manková, D., & Kopřivová, J. (2020). Evening and night exposure to screens of media devices and its association with subjectively perceived sleep: should “light hygiene” be given more attention?. Sleep Health, 6(4), 498-505.
Mesquita, G., & Reimão, R. (2010). Quality of sleep among university students: effects of nighttime computer and television use. Arquivos de neuro-psiquiatria, 68, 720-725.
Gute und schlechte Gewohnheiten!
Fangen wir mal mit einer Studie an, die Sie vermutlich nicht persönlich betrifft, aber vielleicht kennen Sie jemanden!? Yuan, Barnes und Li stellen fest, dass Menschen, die sich tagsüber in moralisch fragwürdiger Weise im Job verhalten, anschließend mehr grübeln und nachts schlechter schlafen. Lügen haben nicht nur kurze Beine, sie haben auch kurze Schlafzeiten.
Eine schöne Liste mit guten Schlafgewohnheiten kann man sich aus Russel Fosters, Matthew Walkers und Satchin Pandas fantastischen Büchern zusammenstellen:
Dazu gehört, das Schlafzimmer nur zum Schlafen zu benutzen. Insbesondere sollten Schlafzimmer keine Arbeitszimmer oder Unterhaltungspaläste sein. Das Schlafzimmer ist auch nicht der Ort, um Konflikte auszutragen. Streiten Sie sich lieber im Stadtpark oder auf einer Autobahnraststätte. Alles, was Sie sehen, wenn Sie ihr Schlafzimmer betreten, sollte Ruhe und Lust aufs Schlafen ausstrahlen und Sie an nichts anderes erinnern!
Denken Sie nicht darüber nach, ob Sie heute genug schlafen werden, drehen Sie nicht am Rad, wenn Sie nachts aufwachen. Wenn der Schlaf problematisch ist, erkennen Sie an, dass Sie ein Problem haben, dessen Lösung mehrere Wochen erfordern wird. Kurzfristiger Aktionismus hilft hier nicht und kurzfristige Panik schon gar nicht. Führen Sie Schritt für Schritt kleine Verbesserungen durch, dann wird der Schlaf Stück für Stück besser.
Wenn Sie nachts aufwachen, machen Sie so wenig Licht wie möglich. Kerzenlichtstärke ist eine gute Idee. Und tun Sie nichts, was ihr Hirn aktiviert.
In einer Studie mit spanischen Jugendlichen fanden Rosario Ferrer-Cascales und ihre Koautoren, dass nicht das Frühstück allein zählt, sondern nur ein gutes Frühstück positive Auswirkungen hat. In der Untersuchung zeigten die, die qualitativ hochwertig frühstückten, geringere Stressniveaus als alle anderen und berichteten von weniger depressiven Symptomen und insgesamt besserer Gesundheit. Das hilft auch beim Schlafen! Die Gruppe, die überhaupt nicht gefrühstückt hat, schnitt hingegen besser ab als die, die zuckerverseuchtes Junk Food frühstücken.
Gehen Sie möglichst immer zur gleichen Zeit ins Bett und stehen Sie zur gleichen Zeit auf. Auch am Wochenende. Die Verlegung der Schlafzeiten am Wochenende erzeugt einen sozialen Jetlag, der den Schlaf noch mehrere Tage verschlechtert. Matthew Walker sagt zur Regelmäßigkeit, dass es sogar wichtiger sei, sich einen Wecker zu stellen, der einen ins Bett schickt, als einen Wecker, der einen wieder aufweckt.
Glauben Sie nächtlichen Sorgen nicht. Nachts fährt die Körpertemperatur herunter, das führt zu schlechteren Emotionen, wenn wir niedrige Körpertemperaturen wach erleben. Die Sorgen, die sie sich morgens um 4 Uhr machen, sind in Wahrheit 36 Grad Celsius Körpertemperatur und keine Sorgen. Wenn Sie die Sorgen gar nicht aus dem Würgegriff lassen, dann nehmen Sie sich einen Zettel und schreiben Sie auf, was Sie am nächsten Tag unternehmen werden, um das Problem zu lösen, das Sie wachhält.
Quellen:
Yuan, Z., Barnes, C. M., & Li, Y. (2018). Bad behavior keeps you up at night: Counterproductive work behaviors and insomnia. Journal of Applied Psychology, 103(4), 383–398.
Panda, S. (2018). The Circadian Code. Rodale.
Foster, R. (2022). Life Time. Penguin Life.
Walker, M. (2018). Das große Buch vom Schlaf. Goldmann.
Entspannungstechniken
Diverse Entspannungstechniken können helfen, leichter in den Schlaf zu finden. So sind sowohl Meditation als auch die progressive Muskelentspannung wirksam. Wir empfehlen hier die letztere. Der Grund: Progressive Muskelentspannung ist leichter zu erlernen und unterstützt die Entspannung nicht nur psychisch, sondern unmittelbar auch physisch. Bei der progressiven Muskelentspannung legt man sich in der Regel auf den Rücken und geht dann eine Reihe von Muskeln einzeln durch, die man kurz anspannt und dann entspannt. Zum Beispiel spannt man eine Zeit lang die Hand zur Faust oder hebt für eine kurze Zeit mal das eine, dann das andere Bein an. Das Ganze kann man geführt tun, bei Streamingdiensten wie Spotify und Co. findet man ein großes Angebot an geführten progressiven Muskelentspannungen.
Chun-Xiu Xiao und Kollegen haben gemessen, wie sich progressive Muskelentspannung auf Krankenhauspatienten auswirkt, die wegen einer Corona-Infektion auf einer Isolierstation untergebracht waren. Ergebnis: Die, die die progressive Muskelentspannung durchgeführt haben, hatten weniger Angst, zeigten reduzierte Stresssymptome und konnten besser schlafen als die Mitglieder der Kontrollgruppe, die die Muskelentspannung nicht gemacht haben.
Auch Ibrahim Özlü und Kollegen haben Covid-Patienten im Krankenhaus untersucht. Die Untersuchungsgruppe hat zweimal täglich für 5 Tage eine progressive Muskelentspannung durchgeführt, die Kontrollgruppe nicht. Das Ergebnis war dasselbe wie in der Studie von Xiao und Kollegen: Besserer Schlaf und weniger Angst in der Untersuchungsgruppe.
Weitere Studien zeigen, dass die progressive Muskelentspannung bei sehr vielen Erkrankungen hilft, Angst und Stress abzubauen oder auch einfach nur den Schlaf zu verbessern. Positive Effekte hat man z.B. bei Schizophrenie gefunden (Carlos Melo Dias und Kollegen), bei Migräne (Bianca Meyer und Kollegen) und sogar bei Krebs (Eun-Jeong Lee und Kollegen).
Das Schönste an der progressiven Muskelentspannung ist wohl aber, dass man nicht krank sein muss, damit sie beim Entspannen und Schlafen hilft. Bereits nach ein paar Tagen sind erste positive Effekte zu erwarten.
Quellen:
Xiao, C. X., Lin, Y. J., Lin, R. Q., Liu, A. N., Zhong, G. Q., & Lan, C. F. (2020). Effects of progressive muscle relaxation training on negative emotions and sleep quality in COVID-19 patients: A clinical observational study. Medicine, 99(47).
Özlü, İ., Öztürk, Z., Karaman Özlü, Z., Tekin, E., & Gür, A. (2021). The effects of progressive muscle relaxation exercises on the anxiety and sleep quality of patients with COVID‐19: A randomized controlled study. Perspectives in psychiatric care, 57(4), 1791-1797.
Melo-Dias, C., Lopes, R. C., Cardoso, D. F. B., Bobrowicz-Campos, E., & Apóstolo, J. L. A. (2019). Schizophrenia and Progressive Muscle Relaxation–A systematic review of effectiveness. Heliyon, 5(4).
Meyer, B., Keller, A., Müller, B., Wöhlbier, H. G., & Kropp, P. (2018). Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson bei der Migräneprophylaxe. Klinische Effektivität und Wirkmechanismen. Der Schmerz, 250-8.
Lee, E. J., Bhattacharya, J., Sohn, C., & Verres, R. (2012). Monochord sounds and progressive muscle relaxation reduce anxiety and improve relaxation during chemotherapy: a pilot EEG study. Complementary therapies in medicine, 20(6), 409-416
Erkrankungen
Schlechter Schlaf ist in den meisten Fällen verhaltensbedingt. Vor allem mit diesen verhaltensbedingten Problemen haben wir uns bisher beschäftigt. Aber natürlich können auch gesundheitliche Probleme die Ursache von Schlafproblemen sein. Sollte es ein psychisches Problem sein, dass Sie nicht schlafen lässt, können psychotherapeutische Maßnahmen helfen. Inzwischen gibt es hierfür auch erste Apps, die hilfreiche Unterstützung bieten können. Davon sind in Deutschland einige offiziell für die Behandlung von Schlafproblemen zugelassen und werden sogar von den Krankenkassen bezahlt. Wenn Sie betroffen sind, erkundigen Sie sich, ein Anruf bei Ihrer Kasse genügt.
Daneben kommen aber auch physische Erkrankungen als Ursache von Schlafproblemen in Frage. Eine weit verbreitete, viel zu selten diagnostizierte Erkrankung ist die obstruktive Schlafapnoe. Alarmzeichen für eine mögliche obstruktive Schlafapnoe sind Schnarchen und nächtliche Atemaussetzer. Und natürlich morgendliche Erschöpfung ohne erkennbare Ursache. Bei der obstruktiven Schlafapnoe kollabieren die Atemwege kurzfristig, was zu einem Sauerstoffmangel führt. Die Vorderwand des Rachens fällt auf die Hinterwand, was zusammen mit dem Zurückrutschen der Zunge die Atemwege verschließt. Der Sauerstoffmangel löst dann ein Alarmsignal aus, welches das Hirn aus dem Schlaf holt. Dies kann mehrfach pro Minute passieren, ohne dass die Betroffenen so wach werden, dass sie das bewusst wahrnehmen.
Im Schlaflabor wird man abends mit diversen Messonden an Kopf und Körper verkabelt. So können sämtliche Körper- und Hirnfunktionen präzise gemessen werden. Damit ist die Schlafapnoe praktisch fehlerfrei diagnostizierbar.
Für die Schlafapnoe gibt es diverse Behandlungsoptionen. Gemäß Jonathan Jung und Kollegen kann es bei leichten Fällen ausreichen, auf der Seite zu schlafen. Da man sich im Schlaf allerdings bewegt, braucht man dafür eventuell ein besonderes Seitenschläferkissen und eine anders geformte Matratze, um die Seitenposition zu halten. Alternativ oder ergänzend kann man auch Sensoren verwenden, die einen ein wenig piesacken, wenn man sich wieder auf den Rücken dreht. Nach ein paar Tagen merkt sich das Gehirn, dass es gepiesackt wird, wenn man sich auf den Rücken dreht und hört damit auf. Die Standardbehandlung besteht indessen darin, eine Atemmaske zu tragen, die Überdruck erzeugt und so immer genug Luft in die Lungen pumpt. Unter bestimmten Bedingungen kann auch eine Zahnschiene helfen, bei der die Schiene des Unterkiefers mit der des Oberkiefers verbunden ist. Dadurch wird der Unterkiefer weiter vorn gehalten und es bleibt mehr Platz im Rachen. Das kann bereits ausreichen, um genug Sauerstoff durchzulassen. Da Übergewicht zu den bekannten Risikofaktoren der obstruktiven Schlafapnoe gehört, kann eventuell auch eine Gewichtsreduktion helfen, besser zu schlafen.
Neben der obstruktiven Schlafapnoe gibt es noch die zentrale Form der Schlafapnoe, die durch Hirnschäden entsteht. Hierbei funktioniert die Steuerung der Atmung durch das Gehirn nicht mehr richtig. Herzprobleme und Hirntumore gehören hier zu den Risikofaktoren. Diese Form der Apnoe ist schwieriger zu behandeln als die obstruktive Schlafapnoe, wie Winfried Randerath und Kollegen ausführen. Dies wohl auch deshalb, weil in der Regel schwerwiegende Grunderkrankungen vorliegen, die diese Form der Apnoe verursachen.
Hinzu kommen noch eine ganze Reihe anderer Erkrankungen, die zu schlechterem Schlaf führen können. Lassen Sie daher auch mögliche körperliche Ursachen unbedingt klären, wenn Sie an Schlafproblemen leiden!
Quellen:
Jun, J. C., Chopra, S., & Schwartz, A. R. (2016). Sleep apnoea. European Respiratory Review, 25(139), 12-18.
Randerath, W., Deleanu, O. C., Schiza, S., & Pepin, J. L. (2019). Central sleep apnoea and periodic breathing in heart failure: prognostic significance and treatment options. European respiratory review, 28(153).
Gute und schlechte Gewohnheiten II
Kommen wir nochmals zu den guten und den schlechten Gewohnheiten rund um den Schlaf zurück, wie sie uns Satchin Panda, Russel Foster und Matthew Walker mitgeben…
Entwickeln Sie eine Abendroutine. Erstellen Sie sich eine Playlist mit Musikstücken, die Sie nur abends hören. Je mehr Reize sie schaffen, die Ihr Gehirn eindeutig daran erinnern, dass jetzt bald Schlafenszeit ist, desto leichter fällt das Einschlafen. Nehmen Sie abends ein anderes Duschgel als morgens, eine andere Zahncreme, anderes Geschirr. Je hemmungsloser Sie ihr Gehirn darauf hinweisen, dass jetzt Abend ist, desto hemmungsloser wird es bald schlafen wollen.
Planen Sie zwischen dem aktiven Teil des Tages und dem Zubettgehen Zeit zum Runterfahren ein. Schaffen Sie Zeiten zum Hören entspannender Musik, für die Meditation, progressive Muskelentspannung oder andere Entspannungstechniken.
Wenn Sie nicht einschlafen können, wälzen Sie sich nicht wütend im Bett umher. Nach 20 oder 30 Minuten herumwälzen stehen Sie lieber auf und tun sie bei gedämpftem Licht etwas Entspannendes. Nehmen Sie ein heißes Bad und lesen Sie einen Kitschroman. Sich wütend herumzuwälzen kann den Schlaf nicht erzwingen. Gehen Sie wieder ins Bett, wenn Sie müde geworden sind.
Schauen Sie nachts nicht auf die Uhr. Der Gedanke, dass jetzt nur noch 2 oder 3 Stunden bis zum Wecken übrig sind, kann Sie so frustrieren, dass dann auch diese 2 bis 3 Stunden noch verloren gehen. Schmeißen Sie Wecker mit leuchtenden Ziffern aus Ihrem Schlafzimmer raus.
Quellen:
Panda, S. (2018). The Circadian Code. Rodale.
Foster, R. (2022). Life Time. Penguin Life.
Walker, M. (2018). Das große Buch vom Schlaf. Goldmann.
Die Koffeinmeisterschaft und das Frühstücksbierchen
Menschen, die sich mit Schlafproblemen herumschlagen, erleben das oft auch als eine Form des persönlichen Versagens: Wieso kriege ich das nicht hin? Diese Einschätzung ist verständlich, weil man nur die eigenen Schlafprobleme mit voller Wucht erlebt, die der anderen hingegen nicht sieht. Würde man die der anderen auch sehen, würde man sehen, dass es hier nicht um ein persönliches Versagen geht, sondern Schlafprobleme in der Gesellschaft epidemische Ausmaße erreicht haben. So berichten Robert Schlack und Kollegen, dass in der befragten deutschen Stichprobe von 2011, nur 36 Prozent der Befragten nie von Durchschlafproblemen betroffen waren, während 64 Prozent angaben, zumindest ab und zu betroffen zu sein. Ein Viertel aller Befragten gab sogar an, 3 Mal oder häufiger pro Woche von Durchschlafproblemen betroffen zu sein. Zahlen bis zu 30 Prozent Betroffener findet man weltweit in Studien. Schlafprobleme sind also keine vereinzelten Probleme, die auf persönliches Versagen zurückzuführen sind.
Schlafprobleme dürften zum größten Teil darauf zurückzuführen sein, dass wir mit den Körpern und Gehirnen von Neandertalern herumrennen, die mit den Anforderungen der Neuzeit nicht gut fertig werden. Technische und soziale Neurungen haben unsere Körper und Hirne in eine ununterbrochene Überforderungssituation geworfen. Man verabredet sich abends zum Essen oder ins Kino, trinkt Kaffee oder Cola, checkt im Bett noch die letzten Mails des Tages, trägt Beziehungsstreitigkeiten am Abend aus, weil tagsüber keine Zeit ist. Die Unterhaltungsangebote werden immer geschickter designt, damit die Neandertaler in uns aus dem Staunen überhaupt nicht mehr herauskommen. Kurzum: Wir sind überfordert. Für Neandertaler war die Abendgestaltung indessen deutlich einfacher.
Aber nur, solange wie wir die Dinge einfach laufen lassen. Man kann nachmittags ins Kino gehen. Man kann sich zum Brunch statt zum Abendessen verabreden. Man kann aussteigen, auch wenn das Mühe kostet. Ein Satz aus der Studie von Robert Schlack und Kollegen bringt das besonders schön auf den Punkt: „Insomnien (Schlafprobleme) sind in der Regel vergleichsweise kostengünstig behandelbar.“ Die Autoren führen aus, dass das Erlernen von schlafhygienischen Maßnahmen hilft, wie z.B. das Meiden von hellem Licht und Bildschirmen am Abend, das Einhalten strikter Zeiten der Bettruhe und das Meiden jeder Form der Aktivierung des Gehirns in der Zeit vor dem Schlafengehen. Als wirksam hat sich aber auch erwiesen, Schlafprobleme als lösbare Probleme anzusehen, die nicht dämonisiert werden sollten.
Nur weil sich ca. 8 Stunden Schlaf im Durchschnitt als gute Schlafdauer erwiesen haben, heißt das nicht, dass das eigene Leben ruiniert ist, wenn man das mal eine Weile nicht hinbekommt. Als wirksam haben sich schließlich aber auch Entspannungstechniken erwiesen. Eines hilft allerdings nicht bei anhaltenden Schlafproblemen: Genauso weiterleben wie bisher und hoffen, dass es von allein besser wird. Irgendeine Veränderung brauchts schon. Jeder Schritt, der uns dabei ein Stück zurück in die Steinzeit bringt, kann uns helfen, den guten Schlaf zurückzuholen.
Wir wünschen Ihnen von Herzen, dass Sie die Veränderungen finden, die für Sie den Unterschied machen. Schlafen Sie gut!
Quellen:
Schlack, R., Hapke, U., Maske, U., Busch, M., & Cohrs, S. (2013). Häufigkeit und Verteilung von Schlafproblemen und Insomnie in der deutschen Erwachsenenbevölkerung. Bundesgesundheitsblatt 56: 740-748.
In der nächsten Ausgabe…
In der nächsten Ausgabe unseres Newsletters sehen wir uns gemeinsam an, welchen Reizen wir in modernen Gesellschaften ausgesetzt sind und wie die unsere steinzeitliche Wahrnehmung in die Irre führen. Oder können Sie ganz einfach so einem Anblick widerstehen?
Aber natürlich sehen wir uns auch an, wie wir persönlich besser mit dem Ansturm andauernder Verlockungen besser fertig werden können. Wir freuen uns, wenn Sie im April wieder dabei sind.
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